Über die Reise nach Tansania und die Erlebnisse dort berichtete die Günzburger Zeitung am 21. September.
Wie komme ich nach Deutschland?
Ein Team des Vereins „Die Brücke“ reiste zum Projekteinsatz nach Tansania. Dort musste es viele Fragen über die Wirtschaft in ihrem Heimatland beantworten.
Michael Herold und Felix Veitenhansl vom Verein „Die Brücke“ (Günzburg), Mark Bittmann („Ingenieure ohne Grenzen“, Ortsgruppe Neu-Ulm) und Luisa Seelig, Studentin an der FH Neu-Ulm waren zum Projekteinsatz nach Tansania gereist. Auch auf dem Weg ins Landesinnere waren die Berichte über die Flüchtlingssituation für das Team präsent.
Schon beim nächtlichen Zwischenstopp in Dar es Salam gab es darüber erste Gespräche. „Wapi Wewe?“ „Woher kommst du?“ „Ujerumani!“ „Deutschland!“ Eine Frau wollte wissen, warum in Deutschland die Wirtschaft besser läuft als in Tansania und auch gleich, wie man nach Deutschland auswandern kann. Dabei hat Tansania ein Wirtschaftswachstum von sieben Prozent vorzuweisen und es tut sich viel im Land. Die Erschließung von Erdgasfeldern vor der Küste schürt Aufbruchsstimmung.
Zum Projektstandort des Vereins „Die Brücke“, dem 2000 Einwohner großen Dorf Ihahi, nahe der Großstadt Mbeya im Südwesten Tansanias, wird gerade eine Stromtrasse verlegt. Dafür hatte sich der Bundestagsabgeordnete Dr. Georg Nüßlein (CSU) bei der Regierung Tansanias eingesetzt. Er besuchte die Region anlässlich einer Reise zur Einweihung eines Kindergartens, dessen Bau unter der Schirmherrschaft von Ferdinand Munk stand und vom Verein „Die Brücke“ organisiert wurde.
In Zusammenarbeit mit Schülern der Heinrich-Sinz-Schule in Hochwang haben die Helfer einen Brutschrank für Hühnereier entwickelt, der mit Solarenergie betrieben wird. (wir berichteten). Dieses Gerät wurde auf dem Gelände der Schwesternschaft Ushirika wa Upendo gemeinsam mit jungen Landwirten aus der Umgebung aufgebaut und in Betrieb genommen.
Bei diesem Projekt wurde von Beginn der Entwicklung an darauf geachtet, möglichst nur Materialien zu verwenden, die es auch vor Ort gibt, berichten die Helfer. Ein defekter Kühlschrank, Computerventilatoren, Abwasserrohre, Hobelspäne als Isolationsmaterial, ein altes Fass mit Steinen aus der Umgebung als Wärmespeicher, ein aus Brettern und einer Fensterglasscheibe hergestellter Warmluftkollektor, ein Solarpaneel und eine Solarbatterie: Das sind die Einzelteile, die zur Herstellung benötigt werden.
Michael Herold organisiert gleichzeitig den nächsten Schritt zum Bau erdbebensicherer Gebäude, „Made in Tansania“. Die ebenfalls mit Schülern der Heinrich- Sinz-Schule entwickelten und gebauten Stahlmodule für den Bau eines erdbebensicheren Kindergartens sollen jetzt in Tansania hergestellt werden. Die ersten Module wurden ordentlich aus Stahlträgern gefertigt und qualitativ gut verschweißt. Auch diese Maßnahme hat zum Ziel, dass Menschen aus ländlichen Gebieten zusätzliches Geld verdienen können, ihre Kinder in die Schule schicken, sich einen Arztbesuch leisten und ihre Lebenssituation allgemein verbessern können. Das Problem: Es gibt in Tansania viele Faktoren, die eine Firmengründung behindern, beispielsweise den fehlenden Zugang zum Kapitalmarkt für normale Bürger. Außerdem liegen die Kreditzinsen der Banken bei 24 Prozent im Jahr. Unternehmertum als Familientradition gibt es in Tansania nur selten. Und auch für Maschinen stehen in Tansania nicht immer die nötigen Ersatzteile zur Verfügung, Stromausfälle über den gesamten Tag gehören zur Normalität. Das Ausbildungsniveau von Handwerkern entspreche oft nicht dem was man für den Aufbau einer Produktion benötige. Wie man einen Betrieb führe, wisse fast niemand, haben die Helfer festgestellt. Außerdem fehlen größere Industrieanlagen, in deren Umkreis Zuliefererfirmen angesiedelt sind. Korruption und Missbrauch von Geldern sind weitere Problembereiche, die verhindern, dass sich Unternehmertum entwickeln kann. Diesen und weiteren Herausforderungen muss sich der Verein bei der Durchführung von Projekten stellen. Dabei hoffen sie auf politische Unterstützung, um Länder wie Tansania wirtschaftlich voranzubringen. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) finanziere bereits Bildungsprojekte, die von Vereinen aus Deutschland beantragt werden, mit 75 Prozent der Kosten. Diese Programme sollten auch für Unternehmensgründungen geöffnet werden, die gegebenenfalls von engagierten Vereinen aus Deutschland begleitet werden.
Das Fazit der Helfer: „Engagierte, hoffnungsvolle junge Menschen haben wir in Tansania zur Genüge getroffen, die ihr Land voranbringen wollen. Wird diese Hoffnung aber durch festgefahrene Strukturen zerstört, werden auch sie sich nach Europa ausrichten, um dort ihr Glück zu versuchen.“ (zg)