Abschied

Der Abschied fiel uns allen sehr schwer. Es gab liebevolle Geschenke, Lieder, Gebete und Tränen.

Auch beim letzten Gang durch das Dorf kamen einige der Älteren und verabschiedeten sich. Die jüngeren Dorfbewohner luden zum kurzen Schwatz ein. Die Kinder umgaben uns, wie immer, als Traube und rannten uns entgegen. Ihre zerrissenen Kleider wehen ihnen dann wie Schmuckbänder hinterher. Ihr fröhliches Lachen und ihr Kindergeschrei: “Msuri Mzungu” werden wir im Herzen bewahren.

Ich bekomme die Frage nicht richtig beantwortet, warum die Kinder hier im Ihahi Dorf so viel mehr lachen, wenn sie durch das Dorf rennen, mit einem Stock einen alten Fahrradreifen vor sich hertreiben und ihre nackten Füsse den weichen, warmen Puderstaub aufwirbeln. Puderstaub. Ich frage mich immer, was das Leben wirklich glücklich macht. Allerdings tragen die Älteren sorgenvolle Gesichter. Es ist das Vorrecht der Kinder, im Hier und Jetzt einfach glücklich sein zu können.

Der Abschied fällt allen schwer. Nur die Hühner dürften erleichtert diesen neuen Tag mit kräftigen Hahnenschreien begrüßen. Für sie ist jetzt die Zeit des Schreckens vorbei.

Gestern bekam ich (Michael) ein Huhn zum Geburtstag geschenkt. Der Gruppendruck im Team, besonders die flehenden Augen von Nathalie, ließen mir keine Wahl. Mit einer kleinen Zeremonie, unter dem Beifall der Gruppe und dem besonderen Blick der Afrikaner (einer Mischung aus Gelächter und ungläubigem Staunen) wurde dem traumatisierten Gockel die Fußfesseln gelöst und er wurde vor der Hinrichtung begnadigt. Sein Glück nicht begreifend schaute er uns schräg an und dappelte davon. Den Afrikanern erklärten wir es so: Die Mzungus essen kein Fleisch von Tieren, die wir kennen. Wie weit haben wir uns eigentlich bereits kulturell von der Wirklichkeit verabschiedet?

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