Für Afrikaner ist es in der Regel sehr schwer, Geld zu verdienen. Man muss sich das so vorstellen:
Wer in Afrika Geld verdient, muss für seine Familie, seine Verwandtschaft und für seine Clanangehörigen sorgen. Wer Geld hat, der wird um Geld angefragt. Wer nichts bezahlt, wird als „Geizhals“ aus dem Familienverbund verstoßen und ist somit isoliert.
Neid ist ein wichtiger Faktor in der Afrikanischen Gesellschaft. Um den Neid zu vermeiden, nivellieren die kulturellen Systeme jeglichen materiellen Unterschied. Viele haben Angst vor magischen bösen Blicken, wenn sie mehr besitzen, als andere.
Das hat zur Folge, dass es sich für einen Afrikaner letztendlich nicht lohnt, mehr Geld zu verdienen, als er momentan braucht, weil er das Geld sowieso nicht für sich behalten kann. An Investitionsprojekte ist somit nicht zu denken. Irgendwann gibt man dann auf und wirtschaftet so, dass es für den eigenen Bedarf gerade so reicht.
Diesen kulturellen Unterschied zu beachten ist sehr bedeutsam, wenn man in Afrika Projekte abwickeln möchte.
Wir Europäer können als Menschen, die außerhalb dieses Systems stehen, solchen Menschen helfen, die sich weiter entwickeln wollen. In dem wir Verträge schließen, die den Kreditnehmer verpflichten, zu sparen, entziehen wir das Geld für zukünftige Bedürfnisse (Wartung , Investition) dem Geldentzug durch die „extented family“ . Der Kreditnehmer kann somit den Neid der Verwandtschaft auf den Europäer umlenken und gilt somit nicht als Geizhals. Da er aber mit den verbliebenen 50% noch in der Lage ist, die Familien zu unterstützen, steigt er dennoch im sozialen Ansehen im Familienverbund. Dieses soziale Ansehen ist für Afrikaner sehr attraktiv, oft sogar attraktiver als Geld und stellt eine hohe Motivation dar, dass sie sich wirtschaftlich weiter entwickeln wollen.
An diesem kleinen Beispiel wird deutlich, wie wichtig es ist, dass alle Projekte, die wir in Afrika durchführen, in persönliche Beziehungen verankert sind. Viele und lange Gespräche sind nötig, dass man als Europäer das Afrikanische Gesellschaftssystem verstehen lernt und dass die Afrikaner aber auch unser System verstehen lernen. Nur so lassen sich Projekte mit den Afrikanern zusammen entwickeln, die an die persönliche Lebenssituation der Menschen angepasst sind.
Dazu nur ein kurzer Gedanke: Überlegen sie sich, was ein Afrikaner denkt, dass Menschen aus einem Land, ganz weit weg, ihnen Geld geben, ohne dass sie mit ihnen verwandt sind.
Da gibt es erstaunliche Erklärungsmodelle, die mir von Afrikanern so erklärt wurden:
1.) Die Europäer haben so viel Geld, dass sie gar nicht wissen, was sie mit dem ganzen Geld machen sollen.
2.) Die Europäer fühlen sich wegen der Kolonialzeit schuldig und wollen Schuld abtragen.
3.) In Europa gibt es magische Geldquellen. Die Menschen sind gute Christen und werden von Gott mit Geld belohnt. Wenn wir auch richtig, das heißt wie die Europäer glauben, bekommen wir auch viel Geld.
Wenn man sich mit Afrikanern auf einen Weg macht, in dem man Freundschaften schließt, wird man sozusagen in die Familie integriert. Damit wird man sehr schnell auch mit dem Geldsystem konfrontiert werden. Das aber überfordert einen sehr schnell. Entweder resigniert man oder man entwickelt ein Helfersyndrom, welches irgendwann zum „Burn Out“ (psychisch und finanziell) führen muss.
Aus diesem Grund haben wir im Verein folgende Regel beschlossen: Es wird kein Geld privat von Vereinsmitgliedern für Afrikaner ausgezahlt. Wenn ein Afrikaner einen Geldbedarf hat, kann er einen Antrag an den Verein stellen. Ein unpersönliches Gremium entscheidet dann über den Antrag.
Der Vorteil für die Vereinsmitglieder ist: Sie können Beziehungen leben, Freundschaften schließen und sich besuchen, ohne dass diese Beziehung durch die Geldfrage belastet wird. Die Afrikaner, die mit uns solche Beziehungen leben, werden auf diese Regel hingewiesen. So können Vereinsmitglieder Freundschaften leben, ohne dass sie mit Gelderwartungen belastet werden.
Wer dennoch gerne jemanden eine Geldspende zukommen lassen möchte, kann dies, unter Berücksichtigung der Vereinssatzung, gerne tun. Er spendet das Geld dem Verein und der Verein leitet das Geld dann weiter. Der Spender bleibt dabei allerdings in Afrika anonym. So wird vermieden, dass die Vorurteile gegenüber Europäern verstärkt werden.
Ihm habe ich kurz vor dem Foto sehr freundlich erklären müssen, dass ich nicht in der Lage bin, 1Million Dollar für eine gute Geschäftsidee zu geben. Trotzdem sind wir gute Freunde geblieben, auch wenn er momentan mit keinem Projekt vom Verein unterstützt wird.
Man sollte aber nicht über solche Anfragen verärgert oder verwundert sein. Die Afrikaner bekommen von Europa mit, wie viele Milliarden wir für Bankenrettungen ausgeben.
Ein weiteres Beispiel, das wir auf unseren Reisen erlebten: Im Fernsehen wurde zu Silvester 2010 das Sylvester – Feuerwerk aus Köln live in Tansania übertragen. Der Sprecher im Fernsehen erklärte immer wieder, dass dieses Feuerwerk fast 5 Millionen Euro gekostet hat. Wir Deutschen können 5 Millionen Euro in den Himmel schießen, völlig nutzlos. Und wir werden damit von der übrigen Welt beobachtet,. Was soll ein Lehrer, der 25 Euro im Monat verdient über Deutschland denken? Was denken eigentlich wir über unser System?